Eine unglaublich wertvolle Masterclass mit Peter Weniger und Asger Nissen
Am 14.5.2021 fand die Online-Masterclass Saxofon im Rahmen der Jazzakademie der Landesmusikakademie Heek statt – als Ersatz und schwacher Trost für den ausgefallenen 1-wöchigen Jazz-Workshop.
„Während Corona nicht aufhören, sich mit Musik zu beschäftigen!“
Vorweg: Der Tag hat sich für mich absolut gelohnt! Peter und Asger sind inspirierende Musiker und tolle Dozenten, der Tag hat viel Spaß gemacht und ich habe unglaublich viele Tipps mitgenommen.
Einige der Highlights möchte ich in diesem Artikel teilen und hoffe ein bisschen von der Inspiration weitergeben zu können, auch wenn Du nicht dabei sein konntest.
Der Workshop war in drei Teile gegliedert. Im ersten davon gaben die beiden Dozenten Tipps zu Sound und Ansatz, im zweiten ging es um die Musik und den Abschluss bildete das Plenum mit den Teilnehmern aller Instrumente. Es gab jederzeit Raum für Fragen und einige der Teilnehmer konnten vorspielen um direkt Feedback zu bekommen. Die Atmosphäre war dabei sehr locker und Peter bezog die Teilnehmer immer wieder aktiv ein.
Ein paar Sätze habe ich mir wörtlich notiert, weil ich sie so wichtig fand, z.B.:
„Ein schlechtes Gefühl hat in der Musik nichts zu suchen.“
Wenn man etwas nicht kann darf man sich nicht darüber ärgern sondern geht es mit einem guten Gefühl an und übt um sich zu verbessern.
1. Teil: Sound, Ansatz
Warum ist Sound so wichtig? Es ist das erste was der Zuhörer wahrnimmt und das wichtigste der drei Bestandteile der Musik:
- Sound
- Timing
- Melodie, Harmonie, etc
Die erste Übung für den Ansatz sieht seltsam aus und ist sehr effektiv: Die Finger neben dem Mundstück auf der Lippe halten und dabei spielen.
Der Effekt davon ist, dass die Finger die Lippe dazu bringen, gerade zu bleiben und die Kanten des Blatts nicht nach oben zu biegen. Der Ton wird dadurch offener, da das Blatt freier schwingen kann.
Im nächsten Schritt ist das Ziel, ohne die Finger dieselbe Offenheit erreichen.
Peter und Asger hatten einige Tipps für Luft und Luftstrom dabei:
- Lange Töne spielen um Ton und Support zu trainieren. Man lernt, den Atem zu halten. Dabei soll wenig Bewegung im Ton sein, um den konstanten Luftstrom zu üben.
- Beim mittleren C startend chromatisch langsam nach oben spielen ohne die Oktavklappe zu drücken. Im zweiten Teil der Übung vom mittleren C aus chromatisch abwärts spielen mit gedrückter Oktavklappe.
Spannend war auch das Experiment um Körperspannung bewusst zu machen: Auf dem Stuhl seitwärts setzen, sodass man sich nach hinten lehnen kann, die Füße knapp über den Boden heben und spielen. Durch diese Position entsteht eine hohe Körperspannung, die das Spielen beeinflusst. Interessant ist jetzt, die Veränderung wahrzunehmen und in der normalen Haltung davon zu lernen.
Eine gute Übung für Sound und Tonkontrolle ist das Matchen von Obertönen. Dazu spielst Du ein tiefes Bb und singst ohne den Ansatz zu lösen den zweiten Oberton von tief Bb (F), um ihn anschließend zu spielen. Ziel davon ist, die Vorstellung des Tons zu schaffen, bevor man ihn spielt (besonders bei Obertönen wichtig).
Anschließend das normal gegriffene F spielen und die beiden Töne (2. Oberton von Tief Bb und normal gegriffenes F) bezüglich Intonation und Sound angleichen. Interessant ist nicht, welcher Ton „richtig“ ist, sondern wie der Körper es schafft, die Töne in Tonhöhe und Klang zu beeinflussen.
„Wenn Du beim Üben wie ein Anfänger klingst, machst Du es richtig.“
2. Teil: Musik machen
Tonleitern üben: Patterns (z.B. in Terzen, kurze Sequenzen auf- und abwärts) auf alle 12 Tonleitern anwenden (Vorschlag: Ein Pattern für eine Tonleiter am Tag), startend am tiefsten Tonleitereigenen Ton auf dem Saxophon bis zum höchsten und zurück.
„Wiederholen aber nicht festfahren.“
Peter empfiehlt, Tonleiterübungen und Pattern abzuwechseln und nicht dieselben Übungen immer wieder zu spielen. Wiederholungen sind sinnvoll um das Gelernte zu festigen und gleichzeitig empfiehlt Peter, immer auch etwas Neues zu machen.
„Wer kennt Stücke?“ war eine der Fragen. Ein Stück kennen bedeutet zum Beispiel, die Melodie spielen zu können. Die Aufgabe war dann, am Beispiel von Happy Birthday, die Melodie nach Gehör („ohne Mathe“) von einem beliebigen Ausgangston zu spielen.
„Improvisation fängt viel früher an als viele denken: Improvisation fängt damit an, die Melodie auszuschmücken.“
Auch wenn sich der Solist weiter von der Melodie entfernt, soll der Hörer immer hören, welches Stück es ist. Nur dann weiß der Zuhörer was ich als Solist mache und ich gebe ihm die Chance, zu folgen. Zum Beispiel kann der Solist die Melodie referenzieren um so immer wieder auf den Kern des Stücks zurück zu kommen.
„Immer so spielen als geht es um was. Musik ist wichtig: Sende immer etwas aus, das Bedeutung hat!“
Lerne den Text des Stücks: Der Text zeigt zum einen Bedeutung des Stücks und gibt zum anderen durch Rhythmik der Silben Hinweise auf die Interpretation der Melodie. Peter zeigte als Beispiel die Rhythmik des Texts von All the Things Your Are, die sehr laid back wirkt. Um der Charakteristik des Stücks treu zu bleiben ist es sinnvoll, diese Stimmung aufzugreifen und in der Interpretation der Melodie und im Solo umzusetzen.
Originale anzuhören und wie die Sängerinnen und Sänger die Stücke interpretieren, gibt weitere Hinweise auf die Stimmung eines Stücks. Dabei kann man die Melodie mitspielen, über dem Stück improvisieren und dabei versuchen, die Stimmung aufzunehmen.
Mein Fazit
Für mich ein rundum gelungener Tag, der sich für mich persönlich absolut gelohnt hat!
Ich habe im Workshop viele wertvolle Tipps mitgenommen und habe direkt im Anschluss angefangen, sie in meinen Übealltag zu integrieren. Von allen Ideen hat mich am meisten der Tipp inspiriert, den Text der Stücke zu lernen. Ich versuche jetzt, die Rhythmik der Texte zu spielen und kurze Silben kurz sowie Wörter mit k oder t am Ende mit definiertem Ende zu spielen.
So schade es ist, dass dieses Jahr der 1-wöchige Workshop vor Ort in Heek ausgefallen ist, so hat mir die Ersatzveranstaltung die Möglichkeit gegeben, dabei zu sein und an einem Tag wahnsinnig viel Inspiration mitzunehmen.
Das Zusammenspielen und gemeinsam experimentieren klappt online natürlich nicht. Dafür mussten Peters (und unser aller) Ohren die Kakophonie nicht aushalten wenn alle experimentieren, da die Mikros stummgeschaltet waren.
Dafür habe ich mit vergleichsweise wenig Aufwand (5 Minuten Technikprobe vs. 5-6 Stunden Autofahrt von Nürnberg nach Heek) einen tollen Tag mit zwei fantastischen Dozenten erleben dürfen.
Ich persönlich wünsche mir für die Zukunft beide Angebote. Denn ich werde nicht jedes Jahr die ganze Woche in Heek dabei sein können. Aber ein Tag ist in der Regel leicht einzurichten.
P.S. Am 20. Mai ist Peter Weniger in einem Workshop Saxophon ohne Grenzen zu erleben.